Ab morgen: Oktoberfest 2015
Fall es irgendjemand nicht mitbekommen haben sollte, morgen beginnt das Oktoberfest, die Wiesn, in München. Dann öffnen die Biertempel ihre Pforten für geschätzt 6 Millionen Feierwütige. Die Trachtengeschäfte und Landhausmodeboutiquen haben in den vergangenen Tagen wieder ihr Jahresgeschäft gemacht und die Hotels, Pensionen und Fremdenzimmer in München machen dieses in den nächsten zwei Wochen. München ist voll, platzt fast aus seinen Nähten. Ausnahmezustand! Die halbe Weilt scheint nach München gereist zu sein und damit meine ich nicht den Flüchtlingsstrom, der in den vergangenen Wochen München erreichte. Alle wollen zur Wiesn! Doch wo einst Tradition und Gemütlichkeit herrschte, findet heute ein „Event“ statt. Ein Event, der dem Ballermann auf Mallorca schon sehr ähnlich geworden ist. Es ist eine Art Trachten-Verkleidungs-Show bei der jeder versucht, irgendwie „landlerisch“ bayerisch daherzukommen. Die Wiesn als Kostümfest, ja fast könnte man sagen „bavarian Karneval“. Weil Wiesn ohne Verkleidung, das geht gar nicht. So denken zumindest viele der Besucher. Tracht ist Tradition, denken viele, doch früher wäre es keinem Menschen eingefallen in seinem „guadn G’wand“ auf die Wiesn zu gehen. Die Gefahr, dass es dreckig oder ang’spieben“ wird war viel zu groß, das wusste man damals noch. Heute sind alle Möchtegern-Trachten zumindest bei 40 Grad waschbar, ang’spieben werden ist also nicht mehr so schlimm. Man kann die Wiesn durchaus auch kritisch sehen. Die Hopfenhochdruckbetankung widerspricht den ansonsten vorherrschenden Gesinnungen: Alkohol, böse, Drogen, böse, fettes Essen, böse! Nur nicht zur Wiesenzeit, da ist das alles gut und sogar „traditionell“, glauben manche. Meine liebe Ex-Kollegin Britta Weddeling, die als Handelsblatt-Korrespondentin im Silicon Valley arbeitet, hat sich eben mit einem Wiesn-Boykottaufruf hunderte von bösen Kommentaren eingehandelt. Dabei war der Grund, warum die „Valley-Voice“ zum Boykott aufrief nur der, dass Ministerpräsident Seehofer forderte, dass wenigstens zur Wiesnzeit weniger Flüchtlinge in München ankommen sollen. Irgendwie fällt mir dazu der Reim über den Schutzpatron der Feuerlöscher ein: „Oh Heiliger St. Florian, schütz unser Haus zünd andere an“. Als ob der Flüchtlingsstrom vor dem „Grand-Beuverie“ halt machen würde. Ganz nach dem Motto, „lass uns noch ein wenig hier in Ungarn warten, bis das Oktoberfest vorbei ist“. Ist halt auch etwas absurd – oder? Verstehen’s mich nicht falsch, ich hab nichts gegen die Wiesn aber manchmal ist es eben schon verwunderlich, was zu dieser Zeit in München möglich ist und was als Normalität zu gelten hat. Als kleiner Tipp, wenn Sie auf die Wiesn gehen, dann schauens doch mal auf die „Oide Wiesn“. Dort kann man noch am besten erkennen, welch heiteres Volksfest das einmal gewesen ist. Gaumenschmaus, Geselligkeit und Gemütlichkeit waren das Wichtigste und nicht „Die Hände zum Himmel …“ oder „Who the fuck is Alice“. In diesem Sinn, eine schöne Wiesn, falls Sie sich entschließen sich in den Wahnsinn zu stürzen …
Autor: cam für fuenfseenland.de