Die Schafskälte – eine meteorologische Singularität
Frisch ist es in den letzten Tagen geworden. Neben den Stechmücken, die in großen Schwärmen durch das Fünfseenland schwirren, sind auch die Temperaturen ganz schön in den Keller gesunken. Zumindest im Vergleich zu den Tagen davor. Dieser Kälteeinbruch um den 11. Juni oder besser zwischen dem 04. und dem 20. Juni nennt man Schafskälte. Diese ist eine sogenannte meteorologische Singularität, die sich als Kälteeinbruch in Mitteleuropa und vor allem in Deutschland bemerkbar macht. Das liegt daran, dass kühle und feuchte Luft aus Nordwesten über Deutschland strömt und so zu dieser Abkühlung führt. Die kalte Luft entsteht durch eine unterschiedlich schnelle Erwärmung von Landmassen und Meerwasser. Die Landmassen sind im Juni schon einigermassen warm, wogegen das Wasser aufgrund der Wärmekapazität und der Konvektion noch relativ kalt ist. Dadurch entsteht über Europa ein Tiefdruckgebiet, das dann von West bis Nordwest kalte Luft polaren Ursprungs heranführt. Mit der Schafskälte geht auch immer eine Drehung der vorherrschenden Windrichtung von Südwest auf Nordwest einher. Nicht nur wir Mitteleuropäer kennen die Schafskälte, auch auf dem indischen Subkontinent gibt es dieses Wetterphänomen. Dort nennt man es den Sommermonsun. Eine Auswertung der Temperaturen der Jahre 1881 bis 1947 zeigte eine Wahrscheinlichkeit von 89%. Das ist deutlich! Im Alpenraum sind sogar zwei Schübe dieser Wetterlage zu verzeichnen. Meist kommt der erste Schub um den 3. bis 5. Juni, der Zweite dann zwischen dem 15. und dem 21. Juni. Wesentlich stärker als hier im Fünfseenland ist die Schafskälte in den Hochlagen Salzburgs, Kärntens, Tirols und Vorarlbergs zu spüren. Dort kühlt es noch viel stärker ab als hier bei uns. Die Schafskälte ist eine sogenannte Wettersingularität. So bezeichnen die Meteorologen eigenartige Witterungsregelfälle, also Wetterlagen, die zu bestimmten Zeiten mit hoher Wahrscheinlichkeit auftreten. Die Schafskälte ist übrigens nicht die einzige Wettersingularität. Eine andere ist der Siebenschläfer zwischen 27. Juni und 1. Juli. Aber warum eigentlich Schafskälte? Ihren Namen hat die Wetterlage wirklich von den Schafen. Traditionell waren diese zu diesem Zeitpunkt bereits geschoren und dadurch konnte dieser Temperaturabfall durchaus lebensbedrohlich für die Tiere werden: Sie waren ja sozusagen „nackt“ und keine Kälte gewöhnt. Darum wartete man bei Muttertieren und Lämmern auch oft die Mitte des Juni ab und scherte sie erst danach. Die gute Nachricht: bald sollte diese Kältephase wieder vorbei sein und das Wetter wieder wärmer werden. Die Schlechte: den Stechmücken kann die Schafskälte nichts anhaben. Schade eigentlich! Dann würde sie sicherlich Mückenkälte oder Mosquitokälte heißen. In diesem Sinn: ziehen Sie sich warm an und lassen Sie sich nicht stechen …
Autor: cam für fuenfseenland.de