Auf der Suche nach den Kalkbrennöfen
Heute Morgen haben wir uns mit dem Freizeit-Mineralogen Horst Hermann aus Bernried auf den Weg in die Wälder rund um Seeshaupt gemacht. Unser Ziel: alte Kalkbrennöfen. Kalk kennt jeder. Früher wurden die Wände von Häusern gekalkt also geweisselt. Auch als Mörtelzusatz wurde Kalk zum Binden verwendet. Was die wenigsten wissen: Kalk wurde auch zur Desinfektion in Ställen, besonders in Hühnerställen verwendet. Um Kalk herzustellen braucht man erst einmal Kalkgestein. Dieses Gestein muss dann in einem Kalkbrennofen bei zwischen 1000 und 1200 Grad gebrannt werden. Dadurch wird das Gestein brüchig und porös. Ist das Kalkstein durchgebrannt, kann er in ein feines Pulver „zerbröselt“ werden. Dieses muss dann über mehrere Wochen bis Monate in Kalkbecken in Wasser gelöscht werden. Das ist ein nicht ganz ungefährlicher Vorgang, denn der Kalk ist während dieser Zeit stark ätzend. Früher passierten immer wieder Unfälle, bei denen Menschen (vor allem Kinder beim Spielen) in Kalkbecken fielen und erblindeten. Auch beim Zerkleinern muss man ein feuchtes Tuch oder Ähnliches vor Mund und Nase tragen, da man sonst den ätzenden Kalkstaub einatmet. Die Öfen, in denen das Kalkgestein gebrannt wurde findet man an etwas ungewöhnlichen Stellen: mitten im Wald. Das liegt zum einen daran, dass man für den bis fünf Tage und Nächte dauernden Brennvorgang Unmengen an Holz brauchte. Nicht selten wurden dabei bis zu 60 Stern Holz verheizt. Zweitens sollte der Ofen möglichst weit von den Höfen entfernt sein, weil ansonsten die Gefahr von Bränden durch den Funkenflug zu groß gewesen wäre. Darum sind wir also durch den Wald gelaufen und haben alte Kalkbrennöfen gesucht und besucht. Bei einem Kalkbrennofen nahe des Frechensee konnte sogar das alter genau bestimmt werden. Schon 1739 wurde hier Kalk gebrannt. Vor fast 300 Jahren! Wer nicht weiss, nach was er suchen muss, könnte direkt vor einem solchen alten Ofen stehen und würde ihn nicht erkennen. Es sind nur noch kleine Hügel im Wald übrig, die zum Teil schon mit großen und alten Bäumen bewachsen sind. Zweifelsfrei identifizieren kann man einen solchen Ofen durch das Gestein, das man unter dem Laub im Waldboden findet. Hier liegen zum einen Schlacken, also geschmolzenes Gestein, das einst die Mauern der Ofenummantelung darstellten und die bei diesen hohen Temperaturen geschmolzen sind. Zum anderen findet man auch immer wieder kleinere Kalkbrocken, die nicht ganz „durchgebrannt“ sind. Sogenannte „Frösche“. So bezeichnete man diese nicht genug erhitzen Steine. Und dann sind da noch die „Perlen“, glasierte Steine. Das waren ebenfalls Steine aus den Ofenmauern, die nicht geschmolzen sind, deren Oberfläche aber durch die hohen Temperaturen glasiert wurden und in verschiednen Farben schillern. Einfach toll! Auf dem Artikelbild sehen Sie einen alten Kalkbrennofen und sind wir doch mal ehrlich, hatten Sie diesen als Kalkbrennofen erkannt? Wahrscheinlich eher nicht – oder?! Jedenfalls toller und höchst informativer Ausflug zu einem spannenden Thema.
Autor: cam für fuenfseenland.de