Erwin W. Raible – Nachrichten aus der Vergangenheit (1)
Wie oft bin ich schon durch den Bernrieder Park in Richtung Seeshaupt am sogenannten Teehaus vorbeispaziert? Unzählige Male müssen es gewesen sein. Niemals ist mir dabei eine Innschrift in einer alten und riesengroßen Buche aufgefallen. Als mir neulich ein lieber Nachbar davon erzählte, habe ich mir vorgestellt, wie diese Innschrift irgendwo versteckt, kaum sichtbar, an diesem Baum steht. Als ich dann das nächste Mal diese Strecke gegangen bin, stach mir die Innschrift sofort ins Auge. Wie konnte ich sie immer übersehen? Kaum zu glauben. Ich habe sie mir näher angesehen und versucht sie zu entziffern. „E. Raible, Cincinnati Ohio USA 1945“ steht dort tief in die Rinde des Baumes geschrieben. 70 Jahre alt ist sie schon. 1945, Kriegsende, viele Amerikaner waren hier stationiert. Es hat mich neugierig gemacht wer dieser E. Raible war und so begann ich zu recherchieren. Der Familienname ist zum Glück nicht sehr häufig und schon bald wurde ich bei „The National Archives“ fündig. Es gab nur einen Raible aus Cincinnati, Erwin W. Raible, geboren 1905, zum Militär eingezogen am 16.11.1942. Wenig später musste er nach Deutschland, das schon in Schutt und Asche der Nazizeit lag. Landschaftlich gesehen hatte er es gut getroffen, es gab sicher weniger schöne Gegenden um dort als Soldat zu dienen. Außerdem hatte es ihn auf den Landstrich einer anderen Amerikanerin verschlagen: Wilhelmina Busch, die Miterbin der Anheuser-Busch-Brauerei. Sie hatte sich große Ländereien in Bernried gekauft und 1938 das Schloss Höhenried bauen lassen. Wilhelmina Busch selbst war jedoch 1939 in die Schweiz ausgewandert und kam erst 1946 wieder nach Bernried zurück. Erwin Raible und sie konnten sich also nicht getroffen haben. Vielleicht hat er ein Anheuser-Busch auf ihr Wohl getrunken aber das gehört ins Reich der Spekulationen. Erwin W. Raible war jedenfalls im Bernrieder Park nahe des Teehauses und schnitzte seinen Namen in die alte Buche. Er war ein geschickter Mechaniker und KFZ-Monteur. Raible war zu diesem Zeitpunkt schon 40 Jahre alt, aber laut seiner Militärakte noch nicht verheiratet. Er stammte aus Hamilton, das so etwas wie ein Vorort von Cincinnati ist. Wie lange Erwin Raible genau in Deutschland diente und wann er wieder in die USA zurückreiste, war leider nicht herauszufinden. Meine weiteren Recherchen brachten mich auf die Webseite „Find a graveyard“. Dort können Bilder von Grabsteinen eingestellt werden – zum Zweck der Ahnenforschung. Dort fand ich ein Foto von Erwin Raibles Grab auf dem „Cemetery of Spring Grove“, dem Friedhof in der Spring Grove Avenue in Cincinnati. Er war schon im Jahr 1969 mit gerade einmal 64 Jahren gestorben. er scheint entweder noch geheiratet zu haben oder er hatte ein uneheliches Kind. Denn über seinem Namen auf dem Grabstein steht „Dad“. Das genaue Geburtsdatum ist leider auch auf seinem Grabstein nicht angegeben. Viel interessanter fand ich jedoch, dass bei den Bildern auf „Find a graveyard“ auch ein Foto von Erwin Raible als Kind mit seinen Cousins Earl und Everett zu finden war. Das Foto hatte die Schwester von erwin Raibles Mutter aufgenommen, weil am Rand des Fotos mit Bleistift „Erwin, my sisters boy“ vermerkt ist. Eingestellt hatte das Bild ein gewisser Tom. Glücklicherweise fand ich auch einen Benutzeraccount dazu und habe ihm kurzerhand eine Email geschrieben. Ich bekam umgehend eine Email von Tom zurück, der mir erlaubte sein Bild für diesen Artikel zu verwenden. Erwin Raible war ein entfernter Verwandter seiner Frau. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an Tom und seine Frau und wenn Sie einmal durch den Bernrieder Park spazieren, achten Sie auf die Nachricht von Erwin W. Raible …
Autor: cam für fuenfseenland.de