Je heiliger d‘ Zeit … umso verreckter d‘ Leit …

Je heiliger d' Zeit ... umso verreckter d' Leit ...„Je heiliger d‘ Zeit, umso verreckter d‘ Leit“ sagt man und das meist in Bezug auf Weihnachten. Da passt dieser Ausspruch auch sehr gut! Denn wenn sich in den letzen Wochen und Tagen vor dem Christenfest die weihnachtlichen Neurosen herauskristallisieren und die Streits sich ihrem Höhepunkt nähern herrscht Alarmstufe rot. Jeder ist im Stress, jeder muss noch schnell etwas besorgen, Zeit hat niemand, jeder rennt und hechelt. Geschenke, Weihnachtsbaum, Weihnachtsbraten und was noch alles zum Fest besorgt werden muss. Da kann es schnell passieren, dass mal die Nerven verliert. Das ist die staade Zeit oder das, was daraus geworden ist. Das älteste Vorkommen der Weisheit „Je heiliger d‘ Zeit, umso verreckter d‘ Leit“ habe ich im Buch “Der Gesellschaft Jesu Priestern, Lehr-Reiche und fast auf jeden Sonn- und Festtag des ganzen Jahrs hindurch vier bis fünf wohlausgearbeitete Predigten“ von Anton Ruoff aus dem Jahr 1752 gefunden. Dort heißt es „… oder aber heißt es auch je heiliger die Zeit, je schlimmer die Leuth …“. Allerdings kommt der Satz nicht in einer Weihnachtspredigt vor, sondern in dem Predigtvorschlag „An dem Palm-Sonntag“. Über den Inhalt schreibt Rouff Heilige Zeit, heilige Leuth“. Sehr ähnlich dem ebenfalls bekannten Ausspruch „heilige Zeit braucht heilige Leut“. Da ist was dran, denn ohne heilige Menschen kann es keine heilige Zeit geben. Eine Variante von Sutermeister heißt auch „Je heiliger d’Zit, je heilloser d’Lüt“ Klingt nordisch, meint dasselbe. Als Abwandlungen finden sich noch„Je heiliger Zeit, je heftiger Streit“. Der Müssiggang an den Fest- und Feiertagen gibt zu manchen Zänkereien Veranlassung. Ja, Weihnachten das Fest der Liebe wird verbal auch gerne einmal zum Fest der Hiebe. Bei weihnachtlichen Auseinandersetzungen muss man sich also keine Sorgen machen, weil ja schon vor über 250 Jahren festgestellt wurde, dass die Menschen an manchen Höhepunkten eines Jahres anders sind als in der restlichen Zeit. Es mag sein, dass im 18. Jahrhundert das Osterfest intensiver begangen wurde als heute und Rouff in seiner Palmpredigt, die ja wahrscheinlich am Palmsonntag gesprochen wurde, darauf hinweist, dass in einer Woche Ostern ist und man dies den Menschen bereits deutlich anmerkt. Egal, jedenfalls ist der Ausspruch „Je heiliger d‘ Zeit, umso verreckter d‘ Leit“ heute noch genau so gültig wie damals und es ist egal ob an Ostern oder Weihnachten. Vor großen Festen drehen die Menschen gerne ein wenig durch. Das ist einfach so, damit muss man sich abfinden. Bewahren Sie einfach die Ruhe …  

 Autor: mc

Über den Autor: christian andreas mueller

Heimatforscher, Naturschützer, Energieeinsparer, Apple-Fan, Ex-Verlagsbetreuer, Hobbygärtner und gebürtiger Fünfseenland'ler. Geboren in Starnberg und aufgewachsen in Seeshaupt, kennt er die Gegend wie seine Westentasche.