Kommunaler EDV-Dilettantismus
Im Internet sind viele Gemeinden noch weit weg von Benutzerfreundlichkeit, modernem Design und gehaltvollen Inhalten. So weit, dass man fast sagen könnte, die meisten Gemeindehomepages sind „so voll 1995“ – wenn nicht noch älter! Aber es setzt sich langsam das Bewusstsein durch, dass eine Homepage auch eine repräsentative Funktion hat und diese auch erfüllen sollte. Nun soll also etwas getan werden und weil in Sachen Internet immer jemand jemanden kennt, der jemanden kennt, der etwas kann, bricht dann plötzlich ein gewisser Aktionismus aus. So geschehen. Eine neue Homepage muss her. Flux gab es einen Fachmann, der nach Unternehmensberater-Manier ein Dokument aus dem Hut zauberte, das sich ein bisschen wie ein „ich-wünsch-mir-was“ las. Neutrale Datenhaltung, E-Government etc. Wenn man etwas macht, dann gleich alles. Nachdem in solchen Fällen meist der Rest eines solchen Gremiums aus Menschen besteht, die von Internet und Webpages so viel Ahnung haben wie eine Sozialpädagogin von Hedge Fonds habe ich meine Hilfe angeboten. Beratender Weise versteht sich. Aus dem vorliegenden „ich-wünsch-mir-was“-Dokument lassen sich keine Angebote abfragen, war mein Einwand. Warum? Ganz einfach, weil, man nicht vergleichen kann, wenn etwas keine gemeinsame Grundlage, keinen definierten Rahmen, hat. Dann wird es schwierig solche Angebote zu vergleichen. Dieser Rat wurde mit in das nächste Meeting genommen. Dort wurde er allerdings abgelehnt, weil man die Angebote als eine Art Ideenwettbewerb verstanden haben möchte. Ideenwettbewerb; aha! Aber ohne ein Leistungsverzeichnis sind Angebote nicht vergleichbar, war mein Gegenargument. Gegenargument verworfen! Nun stellen Sie sich vor, Sie möchten ein Auto kaufen. Verkäufer A verkauft Ihnen einen VW Golf, Verkäufer B auch. Würden Sie nicht nach der Ausstattung fragen? Klimaanlage? Ledersitze? Komfortzugang? Wie würden Sie die Preise der beiden Fahrzeuge vergleichen wenn Sie nicht wissen, welche Zusatzausstattung die Wägen von A und B haben? In den Gemeinden gingen bald die „Ideenwettbewerbs“-Angebote ein und differieren im Preis um ca. 400 Prozent zwischen dem Günstigsten und dem Teuersten. Welches nimmt man in diesem Fall? Ich war zu diesem Zeitpunkt zum Glück schon aus der Hilfestellung ausgestiegen. Als ich einige Zeit später das Protokoll einer Gemeinderatssitzung las, wurde mir bewusst, mit wie viel Dilettantismus man in Komunen an das Thema Internet herangeht. Dort stand: „die Angebote seinen nun eingegangen und würden jetzt genauestens geprüft. Dies gestalte sich aber sehr aufwändig, da die Angebote nur sehr schwer miteinander vergleichbar seinen“. Ach, ist nicht wahr oder? Ich sage nur Leistungsverzeichnis, dann klappt es auch mit der Vergleichbarkeit von angebotenen Leistungen. Aber Leistungsverzeichnisse sind ja überflüssig und aus Angeboten macht man lieber einen Ideenwettbewerb. Gute Nacht Kommunalpolitik!
Autor: cam für fuenfseenland.de
Bild: „CSIRO ScienceImage 3819 CSIR Mk1 Computer“ von CSIRO. Lizenziert unter CC BY 3.0 über Wikimedia Commons.