Liebe Sprachpolizisten …
Vergangene Woche brach ein Shitstorm im Internet über den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann herein. Gleich vorweg, ich sympathisiere nicht mit Minister Herrmann aber die Anschuldigungen waren schon etwas an den Haaren herbeigezogen. Herrmann hatte auf einen Einspieler geantwortet, in dem behauptet wurde „wir brauchen die Neger nicht in unserem Land“. Darauf antwortete Joachim Herrman „Roberto Blanko sein immer ein wunderbarer Neger gewesen“. Bei der medialen Aufarbeitung wurde Herrmanns Antwort dann aber aus dem Kontext gerissen. Hermann antwortete, zugegebenermassen etwas tölpelhaft, aber in den Worten des etwas „einfach“ gestrickten Herrn aus dem Einspieler. Nicht einmal Roberto Blanko selbst konnte sich über den Satz echauffieren und nahm Herrmanns Entschuldigung sofort an. Er habe sich nie persönlich angegriffen gefühlt, sagt der Entertainer. Ja, so ist es, wir verdammen Wörter, weil man ihnen rassistische Tendenzen unterstellt. Dabei legen wir Wörter auf die Goldwage. Ächten alle, die sie verwenden. Aber was ist besser? Jemand, der von einem „scheiß Afroamerikaner“ spricht oder von einem „wunderbaren Neger“? Es ist schon unglaublich, was dieses Gutmenschengeheuchle da fabriziert. Verwendet jemand ein „falsches“ Wort, wird er sofort verdammt, als ob dieses Wort die gesamte, geistige Gesinnung des Aussprechenden widerspiegeln würde. Da muss der Sarotti-Mohr weichen, die in meiner Kindheit so beliebten „Negerküsse“ darf man nur noch Schokoküsse nennen, Pipi Langstrumpfs Vater ist nicht mehr „Negerkönig“ sondern „Südseekönig“ und auch Mark Twains „Die Abenteuer des Tom Sawyer“ muss umgeschrieben werden, weil zu oft das Wort Neger darin vorkommt. Für mich hat das alles schon eine gewisse Scheinmoral. Letztlich kommt es doch nicht auf das Wort selbst an, sondern mit welchem Tenor, welchem Unterton und mit welch geistiger Haltung man ein Wort verwendet. Da können einem die selbsternannten Sprachpolizisten ganz schon auf den Geist gehen. Nicht dass ich für die Verwendung des Wortes Neger plädiere aber für mich ist, wie schon geschrieben, die Einstellung im Vordergrund. Demnächst möchte uns noch irgendein dahergelaufener Vorstadt-Intellektueller in Bayern die Begrüßung oder Verabschiedung mit dem Wort „Servus“ verbieten, weil es ja etymologisch auf „ich bin dein Diener“ oder gar „ich bin dein Sklave“ zurückgeht. Hu, er hat Sklave gesagt! Wie gesagt, schauen wir lieber darauf, wes Geistes Kind jemand ist als darauf welche Wörter er genau verwendet. Und wenn wir schon so genau auf die Wörter schauen, dann doch bitte darauf, wie sie verwendet werden. Das fände ich wesentlich ehrlicher …
Autor: cam für fuenfseenland.de