Stiabt da Grantla aus?

Ich werde das Gefühl nicht los, dass der gute alte Grantler langsam ausstirbt. Es kommen ja auch keine Jungen nach. Wo findet man denn heute noch einen waschechten, typisch bayerischen Grantler vom Schlag eines Josef Bierbichler, Gerhard Polt, Karl Valentin oder dem Alois Hingerl, der Münchner im Himmel? Mir will um’s verrecken keiner einfallen! Gibt es keine mehr? Also ausser den schon genannten, von denen aber nur Bierbichler und Polt noch unter uns weilen. Vielleicht liegt es daran, dass der natürliche Lebensraum des Grantlers immer seltener wird. Findet man ihn normalerweise an Katzentischen von traditionellen Gasthäusern oder am Stammtisch in von Zigarrenrauch geschwängerter Luft. Beides ist heute kaum mehr zu finden. Traditionell sitzt der Grantler vor einer Maß Bier, für die moderne Gaststätten nicht einmal mehr die Gläser vorrätig haben. Ein Halbe-Glas ist schließlich etwas für Büberl, also kleine Männer und keine g’standnen Grantler, also richtige Männer. Wie also soll ein echter Grantler in solchen lebensfeindlichen Biotopen noch überleben? Und, worüber soll er eigentlich noch granteln in einer Welt, die immer undurchsichtiger wird und in der die Meinungen immer mehr verschwimmen? Wer hat denn heute noch eine Meinung und bleibt auch dabei – egal was kommt? Meist dreht sich die Meinung wie ein Fähchen im Wind. Ein echter Grantler muss zu seiner Meinung stehen auch wenn sie falsch ist. So gehört sich das! Themen über die man granteln könnte gäbe es mehr als genug: Eurokrise, Autobahnmaut, Betreuungsgeld, fliegende Teppiche und Spanien jetzt auch noch. Etwas regionaler 3. Startbahn, Bayern nur Vizemeister, 2. Stammstrecke. Noch näher: wenig Wind im Fünfseenland, Umgehungsstrasse, steigende Immobilienpreise, Zuagroaste. Notfalls kann man sich über alles aufregen. Ja zefix Halleluja WARUM REGT SICH ABER DENN KOANA AUF! Warum wird alles hingenommen? Aber wie soll man auch richtig granteln, wenn der Jugend schon das Vokabular dazu abhanden gekommen ist? Mit dem Dialekt stirbt auch der Grantler und welcher Jugendliche spricht noch Dialekt? Nein, wir müssen jetzt nicht in kollektives, hinterwäldlerisches Genuschel verfallen aber wenigstens kennen sollte man die notwendigen Kraftausdrücke, Schimpfwörter und Redewendungen. Wie soll einer denn seine Meinung sagen, wenn ihm wertvolle Begriffe wie „o’gsoachte Brunzkache“, „Roßboinsammla“ oder „Noagalzuzla“ nicht im Blut stecken? WIE? HA? Ja sogts ma hoid jemand? HERRSCHAFTSZEITEN NOAMOI! Des is doch zum aus der Haut fahrn! So kommt da nichts nach was man einmal Grantler nennen wird – so nicht! Mit einem “also ich find das ja nicht so gut” is no koana zu am echtn Grantler gworden. Jemanden, den man als Grantler dann auch ernst nehmen würde. Granteln ist ja nicht einfach nur dumm daherreden. Da brauchts schon andere! Ein Grantler muss feinfühlig sein um die getarnten, alltäglichen Grausamkeiten, die seine Mitwelt belasten überhaupt erkennen und dann von Innen kraft-verbal auflösen zu können. Eine zarte Seele braucht er, die Ungemach sofort wittert und dagegenschießt. Ein großes Herz und Sinn für Gerechtigkeit. Aber wo findet man diesen Schlag Menschen noch? Heut sitzen doch an den Stammtischen nur noch Heislschleicha und Nosnrammen und keine Raubtiere mehr! Und ein Grantler muß ein Raubtier sein, ein großes und philosophisches Raubtier. Alles andere san blos kloane Zipfezoaga. Vielleicht sollten wir alle des granteln ein bisserl üben. Vielleicht wird der eine oder andere dann ein richtiges Grantel-Original. Schön wär’s, sonst geht uns ein Stück bayerische Kultur verloren um das es wirklich schade wäre.

Über den Autor: christian andreas mueller

Heimatforscher, Naturschützer, Energieeinsparer, Apple-Fan, Ex-Verlagsbetreuer, Hobbygärtner und gebürtiger Fünfseenland'ler. Geboren in Starnberg und aufgewachsen in Seeshaupt, kennt er die Gegend wie seine Westentasche.