Zweite Rauhnacht, Stephanstag
Die erste Rauhnacht, die Mutternacht, ist vorbei. Ich habe gestern alle Wohn- und Schlafräume ausgeräuchert. Die Räuchermischung hieß „a kräftig’s ausbutz’n“. Das schien mir für den Abschluss oder Abschied von Altem die Richtige Mischung zu sein. Es hat wundervoll gerochen, und bei den Rauchschwaden haben sich alle bösen Geister sicher schnell aus dem Staub gemacht. Ebenfalls aus dem Staub gemacht hat sich in der Nacht vom 1. auf den 2. Weihnachtsfeiertag das „nicht-winterliche“ Wetter. Es ist Schnee gefallen! Am Morgen war die Welt von einer dünnen, weissen Schicht überzogen. Also doch noch weisse Weihnacht! Das passt auch besser zu den Rauhnächten, denn wer denkt bei diesem Wort nicht an meterhohen Schnee, eisige Winde die über die Landschaft fegen und lange Eiszapfen an den Gebäuden? Der Schnee kam passend zur zweiten Rauhnacht. Sie steht für Stille und innere Einkehr. Aus diesem Grund nennt man die Rauhnächte auch oft „Innernächte“. Es geht darum Ruhe zu finden, sich ein wenig nach Innen zu wenden und die Stille zu spüren. Gehen Sie in sich, wenn Sie möchten, meditieren Sie. Finden Sie die innere Ruhe an diesem Tag und lassen Sie alles Hektische und Laute los. Sperren Sie es aus. Auch in der zweiten Rauhnacht wurde früher intensiv geräuchert um böse Geister zu vertreiben und Altes loszuwerden. Da früher die Arbeit auf den Feldern zu dieser Zeit ruhte, hatten die Menschen viel Zeit um sich zu besinnen, zu beten oder sich alte Geschichten zu erzählen. An diesen Tagen verbrachte man die Stunden gemeinsam in der beheizten Stube und sah dem nahen Ende des Jahres entgegen. Eine Zeit um das Vergangene noch einmal im Geiste Revue passieren zu lassen und dann damit abzuschließen und Raum für Neues zu schaffen. Heute ist neben der zweiten Rauhnacht auch der Stephanstag, an dem vor allem in Weinbaugebieten genau auf das Wetter gesehen wurde denn es gibt mehrere Bauernregeln zum Stephanstag, die mit dem Weinbau zusammenhängen. So heißt es beispielsweise „Bringt Sankt Stephan Wind, die Winzer nicht erfreuet sind“ oder „Windstill soll Sankt Stephan sein, soll der nächste Wein gedeihn“. Beobachten wir heute einmal, ob es windig oder windstill ist. Denn Wein braucht Wärme um gut zu reifen. Wir können dann Schlüsse daraus ziehen, ob das nächste Jahr ein warmes oder kaltes sein wird. Bislang ist es windstill aber es ist auch noch früh am Morgen und das Wetter kann sich noch ändern. Beobachten wir also das Wetter und finden wir zu innerer Ruhe an diesem Stephanstag, der zweiten Rauhnacht.
Autor: mc