Tod in Genf - Schicksal am Quai du Mont Blanc
Elisabeth wollte keine Hermesvilla. Sie wollte nicht in Wien alt werden. Sie hatte bereits beschlossen sich in ihrer Villa auf Korfu, dem Achilleion, zur Ruhe zu setzen. Trotzdem verbrachte sie in ihren letzten Jahren nur knapp einen Monat pro Jahr auf Korfu. Im Jahr 1892 verstarb ihre Mutter Ludovikaund so kam Elisabeth ab diesem Zeitpunkt auch nicht mehr in ihr in der Kindheit so heiß geliebtes „Possi“ an den Starnberger See. Es gab hier nun niemanden mehr zu dem es sie sich hingezogen gefühlt hätte. Mit den Ehemännern ihrer beiden noch lebenden Töchter Gisela und Marie Valerie konnte sie sich nicht wirklich anfreunden. Als im Jahr 1897 bei einem Brand in Paris ihre Schwester Sophie starb, brach Elisabeth vollständig zusammen.
Im Juni des Jahres 1898 war Elisabeth das letze Mal in der Hofburg in Wien. Von dort aus reiste sie für zwei Wochen nach Bad Ischl und dann weiter nach Bad Nauheim. In dieser Zeit dachte Elisabeth unaufhörlich an den Tod. Seit langem kleidete sie sich nur noch in schwarz. Als der Kaiser und ihre Tochter Marie Valerie sie zu dieser Zeit sahen, waren beide darüber entsetzt, wie schlecht Elisabeth aussah. Im August des Jahres 1898 reiste Elisabeth von einer Kur in Bad Nauheim nach Caux in der Schweiz. Dort standen einige Ausflüge auf ihrem Programm. Unter anderem auch ein Treffen mit der Baronin von Rothschild. Elisabeth wollte nach diesem Treffen nicht gleich nach Caux zurückfahren und mietete sich in Genf unter dem Namen „Gräfin von Hohenembs“ im Hotel Beau Rivage ein. Ihr Oberhofmeister war von diesem Aufenthalt in Genf wenig begeistert, wusste man doch, dass sich in der Stadt einige der radikalsten Anarchisten dieser Zeit aufhielten. Elisabeth interessierte sich für all dies nicht. Sie übernachtete im Beau Rivage und am nächsten Tag gegen Mittag sollte ihr Schiff nach Caux ablegen. Vor der Abfahrt ging Elisabeth noch mit ihrer Hofdame, Gräfin Irma Sztáray, am Quai du Mont Blanc spazieren. Bei diesem Spaziergang wurde sie von dem italienischen Anarchisten Luigi Lucheni beobachtet. Lucheni hatte eigentlich ein Attentat auf Henri Philippe Marie d’Orleans geplant. Er hatte in seiner Jackentasche eine Feile, die er auch noch zusätzlich angespitz hatte, als Mordwaffe versteckt. Dieses Attentat scheiterte daran, dass der Prinz kurzfristig seine Reiseroute änderte und nicht nach Genf kam. Nun disponierte Lucheni um. Als er zur Tat entschlossen auf dem Quai auf die Kaiserin zulief, wich Elisabeth einen Schritt zur Seite um nicht überannt zu werden. Aber Lucheni machte ebenfalls einen Schritt zur Seite und rammte die Kaiserin mit voller Wucht.
Er schlug ihr den Sonnenschirm aus der Hand und die Kaiserin stürzte rücklings zu Boden und schlug mit dem Kopf auf dem Pflaster auf. Etwas geschockt von dieser Situation rappelte sich Elisabeth mit Hilfe ihrer Hofdame wieder auf und wischte sich den Staub von den Kleidern. Dann ging sie trotz der Bitte ihrer Begleitung, doch ins Hotel Beau Rivage zurückzukehren, auf ihr Schiff zurück. Als sie dort auf dem Oberdeck angekommen war, brach sie bewustlos zusammen. Zuerst dachte man, die Kaiserin hätte durch den Schreck einen Ohnmachtsanfall erlitten aber als man ihre Kleidung lockerte und ihr die Brust massieren wollte erschraken die Anwesenden. In ihrem Mieder war ein kleines Loch und ein bräunlicher Fleck zu sehen – Blut!
Tod in Genf - Der letzte Vorhang ist gefallen
So brachte man die Kaiserin auf einer provisorisch gezimmerten Bahre zurück in ihr Hotelsuite, wo sie von einem eilends herbeigerufenen Arzt untersucht wurde. Dieser stellte fest, dass Luigi Lucheni die Kaiserin nicht nur umgerempelt hatte sondern ihr einen Spitzen Gegenstand – eine angeschliffenen Feile wie sich später herausstellte – ins Herz gestossen hatte. Der Stich traf die Herzkammer, war aber so klein, dass nur einzelne Tropen Blut austraten. Schnell wurde ein Geistlicher gerufen um Sisi die letzte Ölung zu spenden und um 14:10 Uhr am 10. September des Jahres 1898 verstarb die Kaiserin von Österreich im Hotel Beau Rivage in Genf ohne wieder zu Bewustsein gekommen zu sein. Kaiser Franz Joseph soll, als man ihm die Nachricht vom tödlichen Attentat in Genf auf seine geliebte Gattin Elisabeth überbrachte gesagt haben: „Mir bleibt aber auch nichts erspart“. Sicher ist das nicht überliefert aber gewiss ist, dass der Kaiser, Franz Joseph von Österreich ab diesem Moment ein gebrochener Mann war. Er hatte Elisabeth sein ganzes Leben lang geliebt und verehrt, ihr alle ihre Eskapaden verziehen, aber die strengen Sitten am Hof und das peinlich genaue Hofprotokoll, das zur damaligen Zeit in der Hofburg zu Wien galt, machten es ihm unmöglich seine Liebe zu Sisi so zu leben, wie er es vielleicht gerne getan hätte.
Und Elisabeth, die unglückliche Prinzessin von Bayern, Königin von Ungarn und Kaiserin von Österreich, diese wunderschöne und bemerkenswerte Frau konnte mit dem täglichen Leben, das ihren Ehemann den Kaiser jeden Tag aufs Neue umgab, nicht glücklich werden. „Verliebt war sie in Franz Joseph schon als sie ihn kennenlernte“ sagte sie einmal „wenn er nur kein Kaiser wär!“. Ob sie ihn unter anderen Umständen ebenso geliebt hätte wie er sie wird immer ein Geheimnis bleiben. Wenn Sisi und Franz Joseph sich in einem entlegenen Trakt der Wiener Hofburg gestritten haben dann wird bei der Wahl ihres Streitvokabulars desöfteren, ganz gemäß dem Wiener Schmäh, auf das strenge Hofprotokoll „draufgschissn‘ gwen sei“. Wenn Franz Joseph das auch in seinem Leben öfter getan hätte, dann hätte er die Prinzessin vom Starnberger See sehr bestimmt sehr glücklich machen können.
Elisabeth wurde am 17. September des Jahres 1898 in einem großen Staatsakt in der Franz-Josephs-Gruft (einem Teil der Kapuzinergruft) in der wiener Kapuzinerkirche beigesetzt. Dort ruht sie heute neben Kaiser Franz Joseph und ihrem Sohn, Kronprinz Rudolf von Österreich